Nachdem wegen der aktuellen Gesundheitslage der Veredlungskurs des Kreisverbandes Coburg für Gartenbau und Landespflege e. V. entfallen musste, anbei einige Praxistipps zum Thema "Pfropfen".
Pfropfen hinter die Rinde lässt sich leicht erlernen. Voraussetzung für dieses Verfahren ist ein gutes Lösen der Rinde, das je nach Witterung von April bis Mai möglich ist. Ist die Zeit ideal, kann man beim Ansetzen des Messers am Pfropfkopf ein deutliches "Knacken" vernehmen - ein sicheres Zeichen für ein erfolgreiches Lösen der Rinde. Löst sich die Rinde schlecht oder nur unvollständig, empfiehlt es sich, lieber noch etwas mit dem Veredeln zu warten. Das Pfropfen hinter die Rinde eignet sich gut, um nicht befriedigende Sorten, sei es dass sie nicht schmecken oder zu krankheitsempfindlich sind, im Hausgarten umzuveredeln.
Pfropfen hinter die Rinde ist in mehreren Varianten möglich. Bekannt sind neben dem einfachen Rindenpfropfen, z. B. das verbesserte Rindenpfropfen und das Wencksche Rindenpfropfen, das nachfolgend beschrieben werden soll.
Ziel ist es, wie bei jeder Veredlung, den kambialen Kontakt von Edelreis und Unterlage zu gewährleisten, um hierdurch die Basis für ein gutes Zusammenwachsen zu schaffen.
Bevor man den ersten Veredlungsschnitt ansetzt, geht es darum, geeignete Schnittstellen am Baum zu schaffen, die zum Einsetzen der Reiser geeignet sind. Hierzu wird die Rinde auf der Oberseite des Astes durch einen Längsschnitt geöffnet und nur nach einer Seite aufgeklappt. Die Länge des geöffneten Rindenflügels richtet sich nach der Länge des Schnittes am Edelreis. Ein Messer mit gerader Klinge eignet sich hierbei besser als gebogene Messerformen. Dickere Äste erhalten je nach Durchmesser bis zu drei weitere Schnitte, die gleichmäßig über die Schnittfläche verteilt werden. Veredlungsstellen bis ca. 3 cm erhalten ein Reis, von 4 bis 5 cm werden 2 Reiser, von 5 bis 8 cm ca. 3 Reiser eingesetzt. Mehrere eingesetzte Reiser vermindern nicht nur das Risiko eines Misserfolges, sondern sorgen auch für ein zügiges Verheilen der entstandenen Schnittwunden.
Der Grundschnitt am Edelreis ist identisch mit der Grundtechnik beim Kopulieren. Wer den Kopulationsschnitt gut beherrscht, wird auch mit dem Kopulieren hinter die Rinde wenig Mühe haben. Der Kopulationsschnitt ist im Grunde ein glatter langgezogener Schnitt am Reis mit einer Länge von ca. 4 bis 6 cm Er sorgt für eine möglichst große Kontaktfläche zwischen Edelreis und Unterlage. Beim Wenkschen Rindenpfropfen erfolgt nach dem ersten Grundschnitt noch ein zweiter Schnitt. Er beginnt ca. 0,5 cm unter dem ersten. Beide Schnitte laufen konisch aufeinander zu. Idealerweise überschneiden sie sich erst ca. 0,5 cm vor der unteren Keilspitze.
Sind die beiden Schnitte vollzogen, wird das Reis nun so hinter die Rinde eingeführt, dass der längere Schnitt am Holzteil und der kürzere am aufgeklappten Rindenflügel anliegt und mit der Oberkante des Rindenflügels abschließt. Der Ansatz des Grundschnittes schaut am besten halbmondförmig über die Pfropfebene hinaus.
Sitzt das Reis fest hinter der Rinde, wird es verbunden. Sehr praktisch und einfach zu handhaben ist Veredlungsband aus sehr dünner vulkanisierender Folie. Es geht aber auch einfaches Thesakreppband. Wird Bast verwendet, muss es nach dem Anwachsen rechtzeitig aufgeschnitten werden. Andernfalls stranguliert er den Veredlungskopf und wächst schnell ein. Beim Einsatz eines Veredlungsbandes reicht es, wenn es nach einigen Monaten zunächst aufgeschnitten und später dann vorsichtig entfernt wird.
Vorteilhaft ist es, wenn nicht nur der Veredlungskopf und die Schnittstellen des Reises, sondern auch das Veredlungsreis auf ganzer Länge hauchdünn mit Veredlungswachs (z.B. Maywax) verstrichen werden. Beim Einsatz von Veredlungsfolie braucht nur das Reis verstrichen werden. Dies reduziert die Verdunstung auf ein Minimum und beugt dem Austrocknen des Reises vor. Die eingestrichenen Knospen können den Wachsmantel ohne weiteres durchbrechen. Ist das Wachs nicht streichfähig genug, wird es kurz in ein Wasserbad oder auf die Heizung gestellt, bis es die richtige Konsistenz hat. Alte Kleidung ist von Vorteil, denn Flecken auf der Kleidung lassen sich nur schwer wieder entfernen. Ein Pinsel mit langem Stiel erleichtert das Einstreichen.
Wurden mehrere Reiser eingesetzt, wird nach 1 bis 2 Jahren nur ein gut positioniertes Reis auf der Oberseite des Astes belassen. Die übrigen werden entfernt, wenn die Wunde verwachsen ist.